App auf Rezept - Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA)

Lukas Losigkeit - Experte für digitale Gesundheitsanwendungen, Aufnahme ins DiGAV beim BfArM und App auf Rezept

Lukas Losigkeit

CEO & Principal Consultant

Was vor nicht all zu langer Zeit noch undenkbar war, wird gerade Realität: Telemedizin und digitale Gesundheitsanwendungen in Deutschland. Diese DiGAs sind Apps, die Patienten auf Ihren Smartphones installieren können und deren Kosten über die Regelversorgung, sprich durch die gesetzlichen Krankenkassen, übernommen werden.

Da es sich bei diesen Apps um Medizinprodukte niedriger Risikoklasse handelt (Klasse I oder Klasse IIa), durchlaufen sie die üblichen Zulassungsverfahren. Als Medizinprodukte können sie bei der Erkennung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten unterstützen; oder bei der Erkennung, Behandlung, Linderung oder Kompensierung von Verletzungen oder Behinderungen. Doch einen wichtigen Aspekt bieten diese DiGAs zusätzlich: Sie erlauben den Patienten einen eigenverantwortlicheren, selbstständigeren Umgang mit ihrer Gesundheit. Sie bieten den Patienten die Möglichkeit, ihre Gesundheit stärker in die eigenen Hände zu nehmen.

Digitale Gesundheitsanwendungen können auf bequeme Weise positive Einflüsse auf ihre Anwender ausüben. Therapien können einfacher überwacht werden, Patienten können an notwendige Verhaltensregeln für ihre Therapie erinnert und geschult werden. Dies sind nur wenige von sehr vielen möglichen Anwendungsszenarien der Anwendungen.

In den letzten Monaten ging insbesondere der Begriff „App auf Rezept“ häufig durch die Medien. Dabei können Ärzte und Psychotherapeuten bestimmte Apps verschreiben, die von gesetzlichen Krankenkassen bezahlt werden. Die Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die jeweilige digitale Gesundheitsanwendung vom BfArM überprüft wurde und im DiGA-Verzeichnis nach § 139e SGB V aufgenommen ist. Nur darin gelistete Apps können als App auf Rezept verschrieben werden.


Voraussetzungen für eine App auf Rezept


Schritt 1: Zulassung als Medizinprodukt

Alle DiGAs sind Medizinprodukte der Klassen I oder IIa. Dementsprechend müssen die Apps auch als solche zugelassen werden. Bei Klasse I Produkten erfordert dies keine benannte Stelle. Die Hersteller erzeugen die notwendigen Nachweise und erstellen eigenmächtig eine Konformitätserklärung. Bei einem Klasse IIa Produkt ist allerdings eine benannte Stelle involviert. Diese ist dann am Konformitätsbewertungsverfahren beteiligt und agiert als entsprechendes Prüforgan in der Zulassung.


Schritt 2: Antrag beim BfArM: Fast-Track

Nachdem die App als Medizinprodukt zugelassen ist, stellt der Hersteller einen Antrag beim BfArM. Über den Fast-Track kann die App in das DiGA-Verzeichnis aufgenommen werden. Die Bearbeitungszeit durch das BfArM beträgt dabei 3 Monate.

In der Prüfung geht es insbesondere um die Prüfung der vom Hersteller ausgewiesenen Produkteigenschaften. Aspekte des Datenschutzes, der Benutzerfreundlichkeit und des Nachweises über die positiven Versorgungseffekte gehören natürlich dazu.

Der Nachweis der positiven Versorgungseffekte ist bei einer neu entwickelten App häufig schwierig zu erbringen. Es gibt allerdings eine Lösung: Die vorläufige Aufnahme in das Verzeichnis ist möglich, wenn alle übrigen Anforderungen erfüllt werden. Dafür muss vom Hersteller ein Antrag zur vorläufigen Aufnahme gestellt werden und dann eine vergleichende Studie innerhalb einer einjährigen Erprobungsphase durchführen. Ausnahmefälle sind möglich, in diesen kann die Erprobung über zwei Jahre ablaufen.

App auf Rezept mittels Fast Track beim BfArM für digitale Gesundheitsanwendungen

Schritt 3: Aufnahme im DiGA-Verzeichnis

Sie können in das DiGA-Verzeichnis aufgenommen werden, wenn

  • Das BfArM entschieden hat, dass positive Versorgungsnachweise erfolgreich nachgewiesen wurden
  • Das BfArM Ihrem Antrag auf vorläufige Aufnahme zugestimmt hat

Was sind positive Versorgungseffekte?

Der medizinische Nutzen und patientenrelevante Struktur- sowie Verfahrensverbesserungen sind gültige Endpunkte hinsichtlich positiver Versorgungseffekte. Je nach dem wofür Ihre Anwendung geeignet sein soll, müssen Sie die entsprechenden Endpunkte nachweisen.

Ein medizinischer Nutzen besteht in folgenden Fällen:

  • der Verbesserung des Gesundheitszustands,
  • der Verkürzung der Krankheitsdauer,
  • der Verlängerung des Überlebens oder
  • einer Verbesserung der Lebensqualität.

Doch was sind patientenrelevante Struktur- und Verfahrensverbesserungen? Mit diesem Begriff werden Verbesserungen bezeichnet, die sich auf die folgenden Punkte beziehen:

Ausrichtung auf die Erkennung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten oder der Erkennung, Behandlung, Linderung oder Kompensierung von Verletzungen oder Behinderungen UND

auf eine Unterstützung des Gesundheitshandelns der Patientinnen und Patienten oder eine Integration der Abläufe zwischen Patientinnen und Patienten und Leistungserbringern ausgerichtet UND

umfassen insbesondere die Bereiche der

  1. Koordination der Behandlungsabläufe,
  2. Ausrichtung der Behandlung an Leitlinien und anerkannten Standards,
  3. Adhärenz,
  4. Erleichterung des Zugangs zur Versorgung,
  5. Patientensicherheit,
  6. Gesundheitskompetenz,
  7. Patientensouveränität,
  8. Bewältigung krankheitsbedingter Schwierigkeiten im Alltag oder
  9. Reduzierung der therapiebedingten Aufwände und Belastungen der Patienten und ihrer Angehörigen.

Beispiel: Eine digitale Gesundheitsanwendung, die unterstützt, dass ein Patient die von ihm beizutragenden Therapieanteile erbringt, steigert die Adhärenz. Durch die Anwendung wird der Patient also hinsichtlich seiner aktiven Rolle in der Therapie unterstützt.


Nachweis positiver Versorgungseffekte

Das BfArM beschreibt eindeutig, welche Studien zur Erzeugung von Daten für einen ausreichenden Nachweis positiver Versorgungseffekte zulässig sind. Dazu gehören unter anderem die Folgenden:

  • Beobachtende analytische Studien (z.B. Fallstudien, Kontrollstudien, Kohortenstudien)
  • Experimentelle Interventionsstudien (z.B. nicht-randomisierte oder randomisierte kontrollierte Studien)
  • Metaanalysen in Auswertung eigener Primärdaten

Kombination mit Hardware und Dienstleistungen

Digitale Gesundheitsanwendungen können laut des BfArM native Apps, Desktopanwendungen oder Browseranwendungen sein. Es besteht sogar die Möglichkeit, dass die Anwendungen auch Hardware wie Geräte und Sensoren umfassen dürfen.

Wir wurden in Projekten mehrfach gefragt, ob über die Apps auch weitere Dienstleistungen angeboten werden dürfen, die mit der App selbst nichts zu tun haben. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hat darüber einen Absatz im DiGA-Leitfaden veröffentlicht, in dem dies als zulässig beschrieben wird. Demnach dürfen Dienstleistungen wie z.B. Coachings über die Anwendung angeboten werden. Eine Berücksichtigung der Kosten über die Krankenkasse ist dabei aber nicht möglich. Es wird empfohlen, solche Angebote mit dem BfArM zu klären.

Bei allen zusätzlichen Funktionen, die nicht zum positiven Versorgungseffekt der Anwendung beitragen ist zu beachten, dass diese zusätzlichen Funktionen keinen Einfluss auf die medizinische Zweckbestimmung haben dürfen.


Anforderungen an eine digitale Gesundheitsanwendung

Jede DiGA muss die folgenden Anforderungen erfüllen und dies dem BfArM entsprechend nachweisen:

  • Sicherheit und Funktionstauglichkeit
  • Datenschutz und Informationssicherheit
  • Qualität, insbesondere Interoperabilität

Pflichten des Herstellers nach Aufnahme im DiGA-Verzeichnis

  • Bewertung von Änderungen an der Anwendung hinsichtlich des Einflusses auf § 18 DiGAV. Falls zutreffend, Anzeige der Änderung beim BfArM.
  • Sicherstellung der Aktualität und Vollständigkeit von Informationen innerhalb des Verzeichnisses (Änderung erfolgt durch Antrag des Herstellers beim BfArM).
  • Pflege der im Verzeichnis verlinkten Informationen und Vertriebsplattformen (u.a. Link zur Gebrauchsanweisung)
  • Aufrechterhaltung und Verbesserung des Datenschutzes und der Informationssicherheit
  • Lenkung von Änderungen
  • Löschen und Sperren von nicht mehr erforderlichen Daten
  • Pflege von Verzeichnissen genutzter Fremdsoftware
  • Erkennung sicherheitsrelevanter Ereignisse und proaktive Verhinderung dieser
  • Ggf. Berücksichtigung von Anforderungen aus der Datenschutz-Grundverordnung

Kosten

Beratungen durch das BfArM werden in die Kategorien I bis IV eingeteilt.

  • Beratung Kategorie I: 250 €
  • Beratung Kategorie II: 1000 €
  • Beratung Kategorie III: 2000 €
  • Beratung Kategorie IV: 5000 €

  • Antrag auf endgültige Aufnahme in das DiGA-Verzeichnis:
    3000 - 9900 €
  • Antrag auf vorläufige Aufnahme in das DiGA-Verzeichnis:
    3000 - 9900 €
  • Prüfung des Nachweises positiver Versorgungseffekte bei vorläufiger Aufnahme:
    1500 Euro – 6600 Euro
  • Antrag auf Verlängerung der Erprobung:
    1500 Euro – 4900 Euro
  • Anzeige wesentlicher Veränderungen:
    1500 Euro – 4900 Euro
  • Anzeige der Erforderlichkeit von Änderungen am DiGAVerzeichnis:
    300 Euro – 1000 Euro
  • Streichen einer DiGA aus dem DiGAVerzeichnis:
    200 €