- Klinische Bewertung - Teil 1
- 24. April 2020
Vorbereitung auf eine klinische Bewertung
Im ersten Teil unserer Blogreihe zum Thema klinischer Bewertungen stellen wir Ihnen die Grundlagen des Themas vor. In folgenden Beiträgen tauchen wir gemeinsam tiefer ein und zeigen Ihnen so Schritt für Schritt, welche Anforderungen erfüllt werden müssen. Lesen Sie dafür auch gerne Teil 2 der Blogreihe.
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Warum sind klinische Bewertungen so aufwändig?
Früher hat häufig einfach ein Arzt einige Publikationen herangezogen und in Verbindung mit seiner Expertise dafür gebürgt, dass das Produkt sicher und leistungsfähig ist. Das war dann der Bericht über die klinische Bewertung (CER, clinical evaluation report). Die Vorstellung, dass so etwas ausreicht, ist nach wie vor ziemlich verbreitet. Auch heute noch bekommen wir solche Dokumente und stoßen auf große Verwunderung, wenn wir unseren Ansatz erklären. Die Anforderungen der 93/42/EWG und (EU)2017/745 erfordern allerdings ein gründliches, objektives Verfahren. Dies muss methodisch fundiert und genau definiert sein. Vergleicht man nun die "frühen CERs" mit den geltenden Anforderungen, wird schnell klar, dass diese die Anforderungen bei Weitem nicht erfüllen. Das Verfahren, so wie es gefordert wird, ist so aufwendig, da jedes Detail genau dokumentiert werden muss. Der Nachweis der Objektivität erfordert, dass alle getroffenen Entscheidungen beispielsweise zur Erstellung des Literatursuchprotokolls und dem Ausschluss von Literatur nachvollziehbar begründet werden. Allein der Teil der Literaturauswertung wird dadurch enorm umfangreich. Dazu kommen weitere Aspekte wie die Schnittstellen zum Risikomanagement, Biokompatibilität, Gebrauchstauglichkeit und klinische Erfahrungsdaten bzw. Daten aus der Überwachung nach dem Inverkehrbringen.
Wann sollte mit der Erstellung der klinischen Bewertung begonnen werden?
Im Idealfall sollte frühzeitig während der Produktentwicklung begonnen werden. Immerhin kann es durchaus sein, dass im CER bisher nicht betrachtete Risiken oder Hinweise auf die Gebrauchstauglichkeit identifiziert werden. Solche Daten müssen dann genutzt werden, um einerseits ins Risikomanagement gespeist zu werden. Andererseits kann es auch erforderlich sein, das Design des Produkts anzupassen. Tatsächlich wird aber oft erst nach der Entwicklung begonnen - Das Medizinprodukt ist also schon fertig und nachträglich wird dann ein CER erstellt. Für Hersteller, die die Risiken ihrer Produkte bereits gut kennen, funktioniert das auch ziemlich gut.
Welche Dokumente müssen erzeugt werden?
Es muss ein Plan und ein Bericht über die klinische Bewertung erstellt werden. Es ist nicht zwingend vorgeschrieben, ob beide Dokumente einzeln oder kombiniert in einem sein sollen. Beides hat Vor- und Nachteile und wird unterschiedlich gehandhabt.
Wann muss die klinische Bewertung aktualisiert werden?
Das hängt von der Risikoklasse des Medizinprodukts ab. Für Produkte der Klasse III und implantierbare Produkte muss mindestens einmal jährlich aktualisiert werden - das fordert die MDR. Für andere Risikoklassen müssen die Hersteller selbst entscheiden, wann ein geplantes Update notwendig ist. Aktivitäten zur Überwachung nach dem Inverkehrbringen können neben den geplanten Aktualisierungen auch ein Auslöser sein.
Ist eine Schulung wirklich sinnvoll?
Grundsätzlich raten wir jedem dazu, eine Schulung oder Workshop zu besuchen, bevor man sich eigenständig an die Arbeit macht und einen CER erstellt. Natürlich kann man auch ohne Schulung anfangen - es kommt dann ganz darauf an, wie viel Zeit man sich lässt und wie viele Anläufe man starten möchte. Ein Dokument zu erstellen ist eine Sache. Das Dokument von einer benannten Stelle oder Behörde prüfen zu lassen, beispielsweise in einem Audit, ist eine ganz andere. Dann wird schnell klar, ob die Anforderungen korrekt interpretiert wurden und das Verfahren wirklich objektiv und genau dokumentiert ist. Unserer Erfahrung nach kommt es bei eigenständig erstellten CERs ohne spezifisches Vorwissen immer zu Abweichungen und vielen Diskussionen. Daher geben wir eine klare Empfehlung ab, vorher eine Schulung oder einen Workshop zu besuchen.
Man kann und darf wohl sein eigenes Leben für eine Sache riskieren, aber nie das Leben eines anderen
- Karl Popper
Eins darf man nicht vergessen: Die klinische Bewertung ist ein wichtiger Bestandteil zum Nachweis der grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen. Diese wiederum werden für die Zulassung eines Medizinprodukts benötigt. Produkte, die die Gesundheit von Menschen positiv beeinflussen können, können dies natürlich auch in negativer Weise. Die Zulassung und die damit verbundenen zu erstellenden Dokumente sind die Basis dafür sicherzustellen, dass der Nutzen von Medizinprodukten die Risiken übersteigt. Man sollte eine Produktzulassung also immer ernst nehmen!