- Klinische Bewertung - Teil 2
- 26. Mai 2020
Grundlagen, Hilfsmittel und verwendbare Daten
In Teil 1 unserer Blogreihe zum Thema klinischer Bewertungen haben wir bereits folgende Fragestellungen behandelt:
- Warum sind klinische Bewertungen so aufwändig?
- Wann sollte man den CER erstellen?
- Welche Dokumente müssen erstellt werden?
- Wann ist der CER zu aktualisieren?
- Ist eine Schulung nötig?
Im heutigen Beitrag, dem zweiten Teil, werden wir das Thema weiter vertiefen und Sie darauf vorbereiten, eine klinische Bewertung zu erstellen.
Bevor Sie mit der klinischen Bewertung starten, sollten Sie sich erst einmal überlegen, wie Sie diese Aufbauen möchten. Welche Anforderungen müssen Sie umsetzen? Welche Hilfsmittel gibt es? Auf welcher Datengrundlage bauen Sie die klinische Bewertung auf?
Diese Überlegungen sind sehr grundlegend, aber essentiell. Wir empfehlen, damit zu starten, bevor Sie mit der eigentlichen Planung, dem „CEP – Clinical Evaluation Plan“ beginnen.
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Welche Grundlagen und Hilfsmittel gibt es?
An dieser Stelle konzentrieren wir uns ausschließlich auf klinische Bewertungen, die gemäß der EU 2017/745 (MDR) erstellt werden sollen. Die MDD taucht hier daher nicht auf.
- MDR EU 2017/745
- MEDDEV 2.7-1 rev. 4 (In MDCG 2020 – 6 wird gezeigt, welche Kapitel nach wie vor gültig sind)
- MDCG 2020-5 Guidance on Clinical Evaluation – Equivalence
- MDCG 2020-6 Guidance on Sufficient Clinical Evidence for Legacy Devices
Wie Ihnen vielleicht aufgefallen ist, bezieht sich die MEDDEV 2.7-1 Revision 4 auf die MDD, die ja eigentlich gar nicht Bestandteil der Betrachtung sein soll. Was soll das Dokument hier also?
Die MEDDEV gibt eine etablierte und gut funktionierende Struktur vor, um klinische Bewertungen zu erstellen. Viele der Inhalte sind nach wie vor gültig und sollten daher berücksichtigt werden. Es ist allerdings auf die Unterschiede zur MDR zu achten. Hilfreich in diesem Zusammenhang ist zum Beispiel die „MDCG 2020-6 Guidance on Sufficient Clinical Evidence for Legacy Devices“. In diesem Dokument wird in Anhang I beschrieben, welche Bereiche der MEDDEV unter der MDR noch aktuell sind.
Zusätzlich gibt die MDCG 2020-6 wichtige Informationen darüber, wie sie mit einigen bereits unter der MDD zugelassenen Produkten eine klinische Bewertung gemäß MDR realisieren können.
Die „05 MDCG 2020-5 Guidance on Clinical Evaluation – Equivalence“ beschreibt grundsätzlich das Vorgehen in einer klinischen Bewertung nach MDR, in der klinische Daten von Äquivalenzprodukten genutzt werden sollen. Dafür ist nämlich ein Nachweis darüber notwendig, dass die Produkte wirklich äquivalent sind. Die Guidance gibt dafür Vergleichsparameter vor, die genutzt werden sollten.
Natürlich ist die eigentliche Grundlage die MDR. Die Anforderungen an die klinische Bewertung sind im Vergleich zur MDD wesentlich detaillierter formuliert. Das ist nicht zwangsläufig schlecht, denn es zeigt klarer, was erwartet wird.
Als kleiner Hinweis: Nutzen Sie die zur Verfügung gestellten Guidelines. Erfinden Sie das Rad keinesfalls neu! Wir raten Ihnen dringend dazu, diese Dokumente ausführlich zu lesen und während der klinischen Bewertung zu befolgen.
Welche Daten sollen für die klinische Bewertung genutzt werden?
Es gibt unterschiedliche Daten, die in der klinischen Bewertung genutzt werden können. Der reguläre Ansatz ist der der Verwendung klinischer Daten zum eigenen Produkt und ggf. zu Äquivalenzprodukten.
Es gibt in der MDR eine Möglichkeit für Ausnahmefälle, die Einhaltung mit den Grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen nicht über klinische Daten zulässt. Das wird in Artikel 61, Absatz 10 beschrieben. Dies ist aber wirklich nur in wenigen Fällen möglich und muss im Rahmen des Risikomanagements und unter Berücksichtigung des Produkts selbst argumentiert werden.
Die folgenden Daten können beispielsweise genutzt werden:
- Selbst durchgeführte klinische Prüfungen
- Veröffentlichte klinische Prüfungen, bei dem das eigene Produkt verwendet wurde
- Veröffentlichte klinische Prüfungen, bei dem ein äquivalentes Produkt verwendet wurde (Äquivalenzprodukte sind Produkte, die in biologischer, technischer und klinischer Sicht dem eigenen Produkt entsprechen)
- Post-market surveillance Daten
- Post-market clinical follow-up Daten
- Ansatz über nicht-klinische Daten gemäß Artikel 61, Absatz 10 der MDR
Ist ihr Produkt bereits unter der MDD oder AIMDD zugelassen?
Dann werfen Sie einen Blick in „MDCG 2020-6 Guidance on Sufficient Clinical Evidence for Legacy Devices“. Dieses Dokument ist ein Segen für sogenannte Legacy Devices! Also Produkte, die unter der MDD oder AIMDD zugelassen waren / sind.
Als Bestandteil der Guidance sollten Sie insbesondere prüfen, ob Ihr Produkt die Anforderungen an ein Produkt mit „well-established technology“ erfüllt. Dafür muss Ihr Produkt diese Anforderungen erfüllen:
- Relativ einfache, gängige und stabile Konstruktionen mit geringer Entwicklung
- Die generische Produktgruppe hat bekannte Sicherheit und wurde in der Vergangenheit nicht mit Sicherheitsproblemen in Verbindung gebracht
- Bekannte klinische Leistungsmerkmale und ihre generische Produktgruppen sind Standardversorgungsgeräte, bei denen sich die Indikationen und der Stand der Technik nur wenig weiterentwickelt haben
- Schon lange im Markt verfügbar sein
Nächste Schritte
Sie haben nun bereits eine Vorstellung davon, welche Grundlagen und Hilfsmittel Sie in der klinischen Bewertung nutzen können. Insbesondere in Hinblick auf Legacy Devices gibt es eine sehr nützliche Guidance. Als nächsten Schritt bietet es sich an, Äquivalenzprodukte zu ermitteln. Was Sie dabei beachten müssen, erklären wir im nächsten Blogbeitrag. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!