Grundlagen - Qualitätsmanagement in der Medizintechnik

Lukas Losigkeit - Experte für Qualitätsmanagement in der Medizintechnik

Lukas Losigkeit

CEO & Principal Consultant

Welche Aufgaben hat ein Qualitätsmanagementsystem?

Der Grundgedanke ist der Aufbau eines Systems, das einen stetigen, iterativen Anstieg der Qualität ermöglicht. Dieses System soll verhindern, dass ein einmal erreichtes Qualitätsniveau wieder „verloren“ wird. Es soll einen Rahmen bereitstellen, der Fehler systematisch behandelt und Informationen daraus gewinnt, die zur Verbesserung des Systems genutzt werden.

Ein Qualitätsmanagementsystem (QMS) gibt den Handlungsrahmen eines Unternehmens vor, in dem Produkte und Dienstleistungen so ausgelegt sein sollen, dass sie eine hohe Kundenzufriedenheit erzeugen. Die Kundenzufriedenheit ist an die Erfüllung der Kundenanforderungen, inklusive regulatorischer Anforderungen geknüpft.


Welche Unternehmen brauchen ein QMS?

Das kommt auf die Branche an, in der ein Unternehmen tätig ist. In der Medizintechnik ist ein QMS zum Beispiel gesetzlich vorgeschrieben. In anderen Branchen sind QM-Systeme freiwillig.

Es gibt dafür auch unterschiedliche Normen, die die spezifischen Anforderungen an QM-Systeme behandeln. Die ISO 13485 ist für Hersteller von Medizinprodukten und IVDs anwendbar, denn sie beschreibt Anforderungen, die spezifisch für die Medizintechnik gelten. Die ISO 9001 hingegen ist für Unternehmen aller Art anwendbar, da sie allgemeine Anforderungen an QM-Systeme beschreibt.

Qualitätsmanagement für Medizinprodukte und In-vitro-Diagnostika IVDs nach ISO 13485

Was macht QM in der Medizintechnik so besonders?

In der Medizintechnik geht es nicht nur darum, Produkte und Dienstleistungen herzustellen, die die Kundenzufriedenheit sichern. Es geht um die Gesundheit von Menschen. Aus diesem Grund ist die Medizintechnik auch stärker als andere Bereiche reguliert und dies spiegelt sich in den QM-Systemen der Hersteller wider.

Viele Hersteller von Medizinprodukten und IVDs sind international tätig. Sie müssen somit auch in ihren QM-Systemen Anforderungen verschiedener Zielmärkte abbilden. Das erfordert von den verantwortlichen Mitarbeitern viel ab, denn sie müssen alle geltenden Anforderungen ermitteln und im QMS umsetzen. In gewissen Ländern ist es aber gar nicht so einfach, alle anwendbaren Anforderungen zu ermitteln, wenn man die Landessprache nicht spricht.

Das Qualitätsmanagement in der Medizintechnik unterliegt darüber hinaus regelmäßigen Audits durch benannte Stellen und Behörden. Diese Audits sind ein zusätzlicher Sicherheitsfaktor, um die hohen Qualitätsansprüche der Branche durchzusetzen.


Vor welchen Herausforderungen steht dieser Fachbereich?

Es gibt eine Herausforderung, die in fast allen Unternehmen in Verbindung mit dem Qualitätsmanagement besteht: Das mangelnde Bewusstsein für die Wichtigkeit des QMS und das mangelnde Verständnis für die Anforderungen sind Punkte, die wir regelmäßig in der Branche beobachten.

Zusätzlich ist im QM die Angst vor Fehlern sehr verbreitet. Man ist ja schließlich QM und macht keine Fehler. Man ist ja die Partei, die den anderen einen Rahmen bereitstellt, keine bzw. weniger Fehler zu machen. Fehler sind aus QM-Sicht häufig mit einem Gesichtsverlust gleichgesetzt. Aber genau das ist schon der erste große Fehler! Diese Einstellung führt teilweise dazu, dass regulatorische und normative Anforderungen mit einer Strenge interpretiert werden, die so gar nicht nötig ist. Es führt dazu, dass QM-Systeme unnötig aufgeblasen werden und der Arbeitsaufwand gegenüber dem Nutzen unverhältnismäßig ansteigt.

Wird Qualitätsmanagement richtig gemacht, ist es ein Segen. Macht man es falsch, ist es ein Fluch. QM sollte grundsätzlich für das Unternehmen selbst und nicht für die benannte Stelle oder Behörde gemacht werden.

- thinqbetter

Was rät thinqbetter?

Wenn Sie gerade ein QMS aufbauen, beziehen Sie unbedingt Fachexperten mit ein. Achten Sie dabei dringend darauf, dass diese Personen auch dazu in der Lage sind, ein QMS für Ihr Unternehmen aufzubauen. Ein QMS sollte maßgeschneidert und individuell sein. Es muss Ihren Zwecken dienen und gleichzeitig sicherstellen, dass Sie dabei die geltenden Anforderungen erfüllen.

Ein QMS sollte nicht in erster Linie dazu dienen, Anforderungen umzusetzen, und Sie müssen Ihre Arbeitsweise dann in dieses QMS integrieren. Das erzeugt Unmut, Reibungsverluste und Frust – zurecht!

Gerade die Fehler in sehr frühen Phasen der QMS-Erstellung sind später kaum noch zu beseitigen. Beziehen Sie daher von Anfang an Experten und alle beteiligten Personen mit ein. Bauen Sie Schritt für Schritt das QMS und gleichzeitig das Verständnis innerhalb Ihres Unternehmens auf. Ein gutes gegenseitiges Verständnis ist eine wichtige Säule einer effizienten Zusammenarbeit.

Verhindern Sie, dass Mitarbeiter in Ihrem Unternehmen eine Abneigung gegen QM entwickeln, indem Sie von Anfang an richtig mit dem Thema umgehen. Ihr QMS begleitet Sie dauerhaft – Sie würden doch auch niemanden heiraten, den Sie nicht leiden können, oder?