Ihr Einstieg in das Risikomanagement von Medizinprodukten

Lukas Losigkeit Experte für Risikomanagement und Risikoanalyse nach ISO 14971 für Medizinprodukte und IVDs

Lukas Losigkeit

CEO & Principal Consultant

Was hat Risikomanagement mit Medizinprodukten zu tun?

Medizinprodukte sollen den Patienten helfen, sie sollen einen Nutzen bringen. Aber wie machen sie das? Kurz gesagt: Auf hauptsächlich physikalische Weise. Das geht aus der Definition eines Medizinprodukts hervor.

Schaut man sich also ein Produkt an, das durch eine physikalische Einwirkung einen Nutzen bringen soll, so muss dieses Produkt den menschlichen Körper in irgendeiner Art beeinflussen. Jede Art der Beeinflussung birgt allerdings nicht nur die Möglichkeit auf einen Nutzen, sondern auch Risiken.

Genau diese Risiken müssen im Rahmen des Risikomanagements analysiert und kontrolliert werden – Damit der Nutzen die Risiken überwiegt und damit Medizinprodukte ein hohes Maß an Sicherheit gewährleisten.


Was genau ist eigentlich ein Risiko?

Ein Risiko ist die Kombination der Wahrscheinlichkeit des Auftretens eines Schadens und des Schweregrades dieses Schadens [ISO 14971].

An dieser Stelle ist zu erkennen, dass statistische Wahrscheinlichkeiten einen großen Einfluss auf Risiken haben. Hier unterscheidet sich auch das tatsächliche, objektive Risiko von dem subjektiv wahrgenommenen Risiko oftmals enorm.

Hier ein kleines Beispiel:

Sie spielen regelmäßig Lotto und hoffen darauf, zu gewinnen. Sie wissen, dass die Chance gering ist – aber vielleicht haben Sie ja Glück.

Sie rauchen regelmäßig und sind sich sicher, dass Sie keinen Lungenkrebs bekommen werden. Sie sind sich sicher, dass es Sie nicht erwischt.

Die Wahrscheinlichkeit auf einen Lottogewinn schätzen Sie also als gering, aber möglich ein. Die Wahrscheinlichkeit auf Lungenkrebs schätzen sie auch als gering, aber vernachlässigbar ein. Beide Wahrnehmungen sind sehr subjektiv. Was sagen die objektiven Zahlen dazu? Ihre Chance auf einen Lottogewinn liegt bei 1:140 Millionen. Ihre Chance auf Lungenkrebs liegt ungefähr bei 95000:140 Millionen.

Kurz gesagt: Um sinnvolle Aussagen über Risiken zu treffen, müssen die dazugehörigen Auftretenswahrscheinlichkeiten genau so wie die Schweregrade berücksichtigt werden.

Risikomanagement und Risikoanalyse für Medizinprodukte und IVDs nach ISO 14971 für die MDR und IVDR EU Verordnungen

Warum ist Risikomanagement so wichtig?

Wir alle wollen sichere Medizinprodukte. Medizinprodukte variieren in ihrer Komplexität enorm. Wie soll also nachvollziehbar dargelegt werden, dass ein Produkt sicher konzipiert wurde? Oder wie soll während der Entwicklung sichergestellt werden, dass das Produkt sicher konzipiert wird?

Hier kommt die ISO 14971 ins Spiel. Sie gibt einen systematischen Rahmen vor, der Hersteller dazu zwingt, sich intensiv mit den Risiken ihrer Produkte auseinanderzusetzen. Gerade bei komplexen oder risikoreichen Produkten ermöglicht ein Risikomanagementprozess, dass Risiken identifiziert, analysiert und verringert werden.

Kurz gesagt: Risikomanagement ist so wichtig, weil es die Grundlage für sichere Medizinprodukte ist.


Wann muss man Risikomanagement betreiben?

Viele meinen, dass man die Risikomanagementakte in der Entwicklung erstellt und wäre dann fertig. Die ISO 14971 fordert allerdings, dass der Prozess während des gesamten Produktlebenszyklus stattfindet. Also bis zur Entsorgung des Produkts.

Neue Risiken werden oft erst nach dem Inverkehrbringen im Rahmen der Post-market Surveillance identifiziert. Solche Risiken müssen nachträglich in den RM-Prozess eingespeist werden, um ggf. erforderliche Maßnahmen abzuleiten.


Macht Risikomanagement mein Produkt wirklich sicherer?

Ja. Unabhängig von der Anwendung der ISO 14971 betreibt jeder in gewissem Maße Risikomanagement.

Ein weiteres Beispiel: Sie entwickeln ein Skalpell und meinen zu wissen, das Produkt sei sicher. Sie brauchen also keine RM Maßnahmen. Sie haben das Skalpell so entwickelt, dass nur die Schneide scharf ist und der Griff gut in der Hand liegt. Soeben haben Sie neben dem Risikomanagement auch die Gebrauchstauglichkeit des Produkts betrachtet.


Unsere Empfehlung

Sie möchten mehr über das Thema erfahren? Wir laden Sie herzlich dazu ein, regelmäßig unseren Blog zu lesen. Wir werden in folgenden Beiträgen neben dem Risikomanagement für Medizinprodukte auch vorstellen, an welchen wichtigen Stellen im Qualitätsmanagement der risikobasierte Ansatz insbesondere Anwendung findet.